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GRAMMATIK MIT ANIS
Die YouTube-Serie
von und mit
Anis Hamadeh
Playlist

Inhalt:

Folge 1: „Worte“ und „Wörter“ (22.03.2015)
Folge 2: „gewohnt“ und „gewöhnt“ (29.03.2015)
Folge 3: Der Apostroph (05.04.2015)
Folge 4: „aufgehängt“ (12.04.2015)
Folge 5: „scheinbar“ und „anscheinend“ (19.04.2015)
Folge 6: „Sinn ergeben“ (26.04.2015)
Folge 7: „brauchen“ (03.05.2015)
Folge 8: Der Imperativ (10.05.2015)
Folge 9: „breaking things down“ (17.05.2015)

Folge 1: „Worte“ und „Wörter“ (22.03.2015)

Gestern aufm Fischmarkt hör ich hinter mir zwei Studenten sabbeln: „Ja, ich kann das Referat nicht auswendig vortragen“ – „Na, dann mach dir doch Stichworte“. Ich dreh mich um und sag: „Germanistik studiert ihr ja wohl nicht, oder was?“ – „Nee – Recht.“ Ja, sag ich, aber „Stichworte“ ist nicht Recht, das heißt „Stichwörter“. Ist doch egal, sagen die. Und so was am frühen Morgen! Nee, das ist überhaupt nicht egal! Ihr sagt ja auch nicht „Passworte“, „Schimpfworte“ oder „Fremdworte“. Die kucken mich an, als hätten die 'n Aal verschluckt. Leute, wenn ich sage: „Du büst ein Döspaddel“, dann sind das Worte, weil sie einen logischen Zusammenhang haben. Das kann ja wohl nicht so schwer sein! „Letzte Worte“, weil sie zusammengehören. „Goldene Worte“, nicht „goldene Wörter“. Sabine, zeig mal das Bild! (zeigt Schimpfwörter in Goldfarbe: Sabbelkopp Mors Schietbüdel Spacken, Tütelkram) Ja, hier, das sind goldene Wörter: Goldene Worte sind das nicht. Wir Deutsche sind die einzigen, die das überhaupt unterscheiden können, also macht das bitte nicht kaputt! Ihr macht sowieso schon alles kaputt! Da fehlen mir echt die Worte! (1:48)

Goldene Wörter
Folge 2: „gewohnt“ und „gewöhnt“ (29.03.2015)

Lasst uns eine Sache von Anfang an festhalten: Die Begriffe „gewohnt“ und „gewöhnt“ sind nicht beliebig austauschbar. Und damit meine ich nicht Sätze wie: „Ich habe in der Tarpenbekstraße gewöhnt“, denn das sagt keiner. Das ist nicht das Problem. Hört euch mal folgende Sätze an: „Er ist es gewohnt, dass ihm keiner zuhört.“ – „Kummer, er ist Kummer gewohnt.“ Und nun: „Sie hat sich an die herrschende Ideologie gewöhnt“; „Sie hat sich daran gewöhnt.“ Habt ihr das gemerkt jetzt? Das ist eine ganz simple Regel: „Gewöhnt“ immer mit „an“. So sieht das aus: (zeigt auf Tafel mit „'Gewöhnt' immer mit 'an'“). Das kriegt ihr ja wohl gerade noch auf die Kette. Ich möchte bitte nicht mehr Sachen hören wie: „Ich bin das nicht … gewöhnt“. Das ist nicht friedensfördernd und macht manche von uns aggressiv. Zu Recht, will ich mal sagen. (1:33)

Folge 3: Der Apostroph (05.04.2015)

Ich hab ganz schlecht geschlafen heute Nacht. Ganz schlecht. Mitten im Albtraum kommen da diese … es geht um … Seht es euch am besten selber an. (Animation Anis' Apostrophen-Albtraum). In den meisten Fällen auf dem Bild ist klar: Der Apostroph wurde gesetzt, um Lacher hervorzurufen oder Herzinfarkte. Bei „Erikas Eck“, in dem Fall ist das sogar auch erlaubt. Sagt ja auch der Duden (gemeint ist die neue Rechtschreibung), ist erlaubt, darf man machen. Klar. Marmeladenbrötchen mit Senf sind auch erlaubt, aber deshalb biete ich sie ja nicht jedem an. Die Brötchen in Erikas Eck sind jedenfalls gut, das will ich jetzt nicht gesagt haben. Also ihr wisst, wenn ihr abends im Schanzenviertel noch rumlauft und Hunger kriegt, wisst ihr, wo ihr hingehen könnt. Was den Apostroph angeht, können wir zusammenfassen: Der Apostroph ist im Deutschen ziemlich selten und potenziell gefährlich. Wer selbst aktiv werden möchte, kann sich unter „der-apostroph.de“ diese Sticker besorgen. Ich sag mal tschüs. (1:58)

Folge 4: „aufgehängt“ (12.04.2015)

Wer hat sich das denn ausgedacht? „Aufgehangen"? Ich bin fassungslos. „Das Bild habe ich hier aufgehangen"? Ja nee, lacht nicht. Es gibt Menschen, die so was regelmäßig von sich geben. Die wandeln unter uns. „Unter uns Lebenden" hätte ich fast gesagt. Leute, macht das nicht! Das sieht sonst aus, als hättet ihr überhaupt keine Ahnung und das stimmt ja so nun auch nicht. Hängt Sachen auf, dann habt ihr sie aufgehängt, und wenn ihr irgendwo was rüberhängt oder hinhängt, dann ist auch das ein transitiver Akt, denn er hat ein Objekt, das von euch Subjekten gehängt wird. Nur wenn das Verb „hängen" ohne Objekt und also intransitiv gebraucht wird, dann heißt es: Es hängt da und hat da immer gehangen. Alles klar? „Aufgehangen", also so was Bescheuertes! (1:13)

Folge 5: „scheinbar“ und „anscheinend“ (19.04.2015)

„Scheinbar“ und „anscheinend“. Das ist ja wohl nicht euer Ernst! Wie kann man das überhaupt verwechseln? Wisst ihr eigentlich, wie verwirrend es für Leute wie mich ist, bis sie gemerkt haben: „Ah ja, der hat zwar 'scheinbar' gesagt, aber anscheinend meint er 'anscheinend' und nur scheinbar 'scheinbar'.“ Ich versteh's nicht. Warum macht ihr das? Ihr verwechselt ja auch nicht „haftbar“ mit „anhaftend“ oder „greifbar“ mit „angreifend“. Das sind einfach zwei unterschiedliche Sachen. „Scheinbar“ sagt man, wenn etwas nur so scheint und es in Wirklichkeit anders ist. Der Schein trügt und eine Schein-Attacke ist gar keine. Dagegen ist etwas anscheinend so, wenn es den Anschein hat, dass es so ist, also ist es wahrscheinlich wirklich so. Das ist im Grunde das Gegenteil von „scheinbar“. Und ihr wollt ja nun nicht das Gegenteil von dem sagen, was ihr meint, oder? Mehr habe ich auch nicht gesagt. (1:28)

Folge 6: „Sinn ergeben“ (26.04.2015)

Natürlich ist Englisch eine schöne Sprache. Das hat überhaupt keiner bezweifelt. So schön, dass manche Lehnübersetzungen zur Mode werden. Heute ist es ja das „Ende des Tages“. Früher hat man ja immer so gesagt: „Was am Ende passiert, ist wichtig.“ Heute ist es „am Ende des Tages“. Oder Kohl damals: „Wichtig ist, was hinten dabei rauskommt“. Heute: „... was am Ende des Tages dabei herauskommt.“ Vielleicht heißt es nächstes Jahr dann: „in my book“, statt: „nach meinem Verständnis“. Oh, du kannst Englisch, wow, das ist ja schon was, in meinem Buch … Würde mich nicht wundern, wenn das kommt. Moden können gut sein, aber denkt auch an die Lederkrawatten damals, das war auch eine Mode und sie hat unsere Zivilisation beschädigt. Der Klassiker ist ja: „Das macht Sinn.“ Wir haben zwar im Deutschen eine eigene Wendung dafür, nämlich: „Das ergibt Sinn“, aber warum sollte man sich mit so etwas Banalem wie seiner eigenen Muttersprache beschäftigen, wenn man es auch auf Englisch sagen kann. Which makes perfect sense to me, you know, in my book. (1:34)

Folge 7: „brauchen“ (03.05.2015)

Das Verb „brauchen“ braucht man häufig. Seht ihr, da habe ich es gerade gebraucht. Und nun schon wieder. Deshalb hier grad mal zwei Sachen, die aus obskuren Gründen immer mal wieder falsch gemacht werden. Zunächst mal: Wenn ein zweites, verneintes Verb dabei ist, kommt ein „zu“ dazu. Also: Du brauchst mir das nicht zu glauben, aber besser wäre es. Merksatz: „Wer 'brauchen' nicht mit 'zu' gebraucht, braucht 'brauchen' gar nicht zu gebrauchen.“ Früher musste jeder Deutsche diesen Satz morgens vor dem Frühstück aufsagen. Vor Zeugen. Könnte man eigentlich wieder einführen. Dann „bräuchte“! Das soll wohl ein Konjunktiv sein: „Ich bräuchte mal deinen Rat.“ Das ist genau so richtig wie: „Ich räuchte eine Zigarre, hätte ich nicht die Pfeife.“ Lest mal Wolf Schneider, der ist nach wie vor hoch-aktuell. „Bräuchte“ nennt man, glaube ich, in Friesland Bräute mit Bäuchen, das sind Bräuchte. Sonst gibt’s das nicht. Ist mir jedenfalls nicht bekannt. (1:35)

Folge 8: Der Imperativ (10.05.2015)

So, ich hab mir jetzt erst mal ein neues Handy gekauft. Also mit dem (zeigt auf sein Handy) nicht mehr! Ich zeig euch mal, was da los war, ihr werdet das nicht glauben, passt mal auf: Dann machen wir mal. So, das ist ein Siemens-Gerät. Erst mal steht da: „Welcome T-Mobile“, als würde ich „T-Mobile“ heißen. Jetzt gehen wir mal hier unten auf die Raute und dann kucken wir mal. Da: „Lese CB“, seht ihr das? Da, rechts unten. „Lese CB“ steht da, seht ihr das? Erst mal habe ich irgendwann rausgekriegt: CB bedeutet „Cell Broadcast“, das ist „Mobilfunkfunktion“. Und dann hab ich so gedacht: „Lese CB“, Mensch, was meinen die denn immer? „Lese“, was ist das denn? Bis ich dann irgendwann gemerkt hab: Die meinen „Lies!“ Lies die CB, die Mobilfunkfunktion! Also es gibt Momente im Leben, da denkst du … nee, da denkst du eigentlich gar nichts mehr … Auf'm Handy-Display! Ein urdeutsches Gerät, Siemens. Die können Computer bauen, aber sie können nicht den Imperativ von „lesen“ bilden. Also hier einmal für die Handy-Software-Industrie: Es gibt Imperative im Deutschen, die werden unregelmäßig gebildet. Dazu gehören die Verben lesen, geben, befehlen und messen. Das ist ja nun gesunder Menschenverstand, dass man das dann auch verwendet, wenn es das schon gibt. (2:05)

Folge 9: „breaking things down“ (17.05.2015)

Kennt ihr diese Leute, die immer alles herunterbrechen müssen? Zahlen, komplexe Sachverhalte, das wird dann runtergebrochen. Im Fernsehen, Im Radio, da wird gebrochen, was das Zeug hält. Ja, brich es zu uns herunter, auf dass wir verstehen mögen … Wenn man mal etwas genauer hinkuckt – ihr habt das wahrscheinlich schon gemerkt -, findet man: Das ist englisch. In English you can break things down. Wenn ihr mal spaßeshalber im Lexikon nachkuckt, dann findet ihr dafür „aufschlüsseln“. Ein wunderbares Wort, picobello, an dem ist nichts auszusetzen. Deshalb mein Vorschlag: Lasst die Engländer ihre Sprache sprechen und uns unsere. Können wir uns darauf einigen? (1:13)

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