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Interview zu: "Forum aktuell: Der Krieg im Nahen Osten: Das Ende aller Hoffnungen?" Dialog, am 09.08.2006 in Kiel-Mitte
Fragen an Ahmad Al-Baghdadi, 05.08.2006

Hinweis: Wie die Anis-Online-Redaktion erfahren hat, hat es Personen gegeben, die mit diesem Interview nicht einverstanden waren bzw. eine eigene Sicht der Dinge haben. So wurde zum Beispiel die These geäußert, dass die Arabische Gesellschaft in Kiel zu wenig Öffentlichkeitsarbeit mache. Selbstverständlich werden hier auch Gegenmeinungen veröffentlicht und sogar Gegeninterviews angeboten. Das ist ein Prinzip von Anis Online. Wer sich also hier äußern möchte, kann das tun. - Anis, 15.11.2006

Ahmad Al-Baghdadi ist Vorsitzender der Arabischen Gesellschaft in der BRD e.V.: www.arabische-gesellschaft.de

In Kiel gibt es in wenigen Tagen ein Dialog-Forum zum Libanonkrieg. Wer genau veranstaltet es und wo findet es statt? Ist es öffentlich?
Nach unseren Kenntnissen wird das Forum vom "Bildungswerk anderes lernen e.V." (dieser Verein ist uns nicht bekannt) und dem "Flüchlingsrat Schleswig-Holstein e.V." ausgerichtet. Es findet im Magistratssaal des Alten Rathauses in Kiel statt.

Wer ist zu dem Forum eingeladen worden?
Eine Vertreterin der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (AG Hamburg), ein Vorstandsmitglied des Deutsch-Israelischen Arbeitskreises für Frieden im Nahen Osten (DIAK, Kiel), der Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit (Kiel) und ein Vorstandsmitglied der Palästinensischen Gemeinde in Hamburg.

Und ist niemand von der Arabischen Gesellschaft in Kiel eingeladen worden?
Leider nein. Wir sind nicht einmal als Zuhörer eingeladen worden. Erfahren haben wir von der Veranstaltung von Freunden unseres Vereins. Nach unserem Wissen ist keine arabische Vertretung aus Kiel eingeladen worden.

Könnten Sie die Arabische Gesellschaft in Kiel bitte etwas näher erklären? Was macht der Verein?
Die Arabische Gesellschaft vertritt die Interessen und Belange der in Kiel und Umgebung lebenden Araber und Deutschen mit arabischem Hintergrund. Wir sind im sozialen, politischen und kulturellen Bereich aktiv. Wir versuchen Aufklärungsarbeit zu betreiben, wenn es um politische Fragen oder Konflikte im Nahen Osten geht. Unsere Mitglieder sind aus allen arabischen Ländern, die meisten haben einen deutschen Pass.

Wie lange gibt es die Gesellschaft schon und wie viele Mitglieder hat sie?
Die Arabische Gesellschaft wurde 1992 offiziell als e.V. gegründet und ist der Nachfolger der Arabischen Studenten Union, da die meisten Mitglieder Studenten waren. Ich persönlich bin seit 1972 dabei. Die Arabische Gesellschaft hat derzeit 60 Mitglieder.

Gibt es noch andere arabische oder muslimische Gruppen in Kiel und Umgebung?
Ja. Es gibt, so weit ich weiß, noch zwei Moscheen in Kiel. Auch die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft (DPG) ist in Kiel vertreten.

Sind die auch nicht eingeladen worden?
Nach meinem Wissen nein.

Vielleicht ist es Zufall, dass überwiegend jüdisch-israelisch-deutsche Gäste eingeladen wurden?
Ich denke nein! Denn wir sind auch Deutsche und direkt betroffen (90 Prozent unserer Mitglieder haben den deutschen Pass). Allein in unserem Verein sind fünf Familien mit insgesamt 23 Personen, die einen libanesischen Ursprung haben, drei davon sind jetzt im Libanon und konnten nicht ausreisen.

Die Moderation führt eine Professorin von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Ist das nicht eine Garantie für ein seriöses Gespräch?
Ich kenne Frau Professor Dr. Anja Pistor-Hatam als Moderatorin nicht, auch ihre Meinung kenne ich nicht. Sie ist Islamwissenschaftlerin. Entscheidend ist, was der Sinn dieses Forums sein soll. Ich glaube, man will Israel rechtfertigen und die Aggression und Zerstörung als Selbstverteidigung deklarieren und behaupten, man bekämpfe den "Terror".

Gibt es das nach Ihrer Erfahrung häufiger, dass arabische Stimmen nicht gleichberechtigt gehört werden?
Leider ja. Wir besuchen zwar solche Veranstaltungen und versuchen, unsere Meinung zu sagen. Es kommt aber sogar vor, dass wir gebeten werden, den Saal zu verlassen. Oder das Wort wird uns nicht erteilt.

Was glauben Sie, sind die Gründe dafür?
Erstens: Die meisten Veranstalter sind pro-israelische Organisationen, die bestimmte Ziele verfolgen. Man will Sympathie und Unterstützung für Israel erreichen. Zweitens: Uns kann man nicht als Antisemiten bezeichnen, weil wir selbst Semiten sind. Und man kann uns nicht als Nazis abstempeln. Ich will damit sagen: Man kann uns nicht erpressen. Zum dritten: Wir kennen die Geschichte Israels genau und haben Gegenargumente und Beweise. Man will immer auf der Oberfläche bleiben, denn jegliche tiefe Behandlung des Problems wird Israel nicht zu Gute kommen. Deshalb soll die Wahrheit nicht deutlich herausgestellt werden. Derartige Veranstaltungen sollen Israel dienen und nicht dem Frieden.

Gibt es etwas, das Sie den Veranstaltern und Teilnehmern des Forums "Der Krieg im Nahen Osten" sagen möchten?
Ja! Dieser Krieg hat das wahre Gesicht Israels deutlich gezeigt. Die Argumente Selbstverteidigung, Unterlegenheit Israels, Holocaust und Terrorismus sind durch diesen Krieg nicht mehr zu verkaufen. Israel ist eine Armee, die einen Staat gegründet hat. Dieser Krieg stellt das Existenzrecht des Staates Israel in dieser Form in Frage. Schließlich möchten wir an alle appellieren, sich für den gerechten Frieden im Nahen Osten einzusetzen.

Das Interview führte Anis.


Hintergrund:

Veranstaltungshinweis:
Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein
Bildungswerk anderes lernen e.V.
Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.

forum aktuell:
Der Krieg im Nahen Osten:
Das Ende aller Hoffnungen?

Wir laden ein zum Dialog

am Mittwoch, den 9.8.2006 um 19.30 Uhr
im Magistratssaal des Alten Rathauses, Eingang Waisenhofstr, Kiel-Mitte

Die Entführung von israelischen Soldaten, der israelische Einmarsch im Gazastreifen, die israelischen Bombenangriffe auf den Libanon und Katjuscha-Raketen auf israelische Städte - der Nahe Osten erlebt eine erneute Eskalation mit der Folge hunderter Toter, tausender Verletzter und hunderttausenden von Flüchtlingen in nur wenigen Wochen. Mögliche Lösungen für den "Unruheherd Naher Osten" scheinen einmal mehr inweite Ferne gerückt, sogar aktuelle Forderungen nach einem umgehenden und unbefristeten Waffenstillstand konnten bisher nicht durchgesetzt werden. Deutschland verweigert in dieser Situation die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Libanon.

Das zweite forum aktuell will sich den möglichen Ursachen des Dauerkonflikts im Libanon, in Israel und in den von Israel besetzten Gebieten nähern. Welche Interessen verfolgen die direkt und indirekt beteiligten Parteien? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, um neue Perspektiven für den Nahen Osten zu finden und welche Rolle spielt dabei das Völkerrecht? Das forum aktuell will versuchen, Weltsichten und politische Interessenlagen zu erfassen, die Bedeutung religiöser Zusammenhänge in den Blick zu bekommen und eigene Einsichten und Positionen auszutauschen oder zu gewinnen.

Als GesprächspartnerInnen haben wir eingeladen:

Claudio Casula, Vertreter der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, AG Hamburg, Hamburg.
Salah Ishneiwer, Mitglied im Vorstand der Palästinensischen Gemeinde in Hamburg, Hamburg.
Prof. Dr. Uta Klein, Mitglied im Vorstand des Deutsch-Israelischen AK für Frieden im Nahen Osten (DIAK), Kiel.
Pastor Joachim Liß-Walter, Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Kiel.

Moderation: Prof. Dr. Anja Pistor-Hatam, Professorin für Islamwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität, Kiel.

Das zweite forum aktuell steht im Kontext des Projektes "peace of art", in dessen Rahmen im November 2006 die "Kulturwochen Nahost" unter Beteiligung vieler Organisationen und der Stadt Kiel veranstaltet werden. (www.peace-of-art.de)

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